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"Eine unglaubliche Sauerei" (LH Herwig van Staa, 15.3.2005)
Auf den Fahrweg, der von der Landesstraße in Kühtai zum Finstertaler Stausee hinaufführt, ist im Grundbuch in Silz für alle vier US-Trusts ein „Right of Way“ eingetragen, das für die vier Trusts den Zugang zur Speicheranlage sicherstellt.
Das haben die Bauern von Kühtai, die der TIWAG vor dreißig Jahren weite Almflächen zur Verfügung gestellt haben, nicht gewollt, daß ein paar gerissenen amerikanischen Steuerspekulanten auf den alten Kultur- und Weideflächen hinauf zur sogenannten Mute auf 94 Jahre diese Dienstbarkeit eingeräumt wird:
Agreement of servitude on the granting of a right of way
Die Eintragung der Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz selbst auf den neuen Eigentümer, die vier Briefkastln in Wilmington (Delaware), ist hingegen unterblieben, um sich die - angesichts des (zu) hoch geschätzten Kaufpreises - geradezu horrende Gebühr (1 Prozent) zu ersparen. Man ging so vor wie bei früheren Deals in Österreich: „Wir könnten ganz einfach eine Eintragung im Grundbuch vornehmen, aber das Problem dabei ist, daß eine solche Eintragung mit Abgaben verbunden ist“, sagt Franz Mittendorfer vom Büro Saxinger Chalupsky Weber & Partners“ (Wien).
Wie ist man diesem „Problem“ ausgewichen? Man hat von Seiten der TIWAG bereits drei Monate vor Abschluß des Cross-Border-Leasingvertrages beim BG Silz eine sogenannte Grundbuchseingabe gemacht mit dem „Gesuch“ der „Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung“. Diese rechtliche Maßnahme wird bei jedem Hauskauf in Anspruch genommen, um bis zum rechtsgültigen Abschluß der Transaktion eine bücherliche Sicherheit zu haben. Dafür ist dieses Instrument auch gedacht. Aus diesem Grund erlischt die Anmerkung auch automatisch im Grundbuch nach 12 Monaten, weil in aller Regel in dieser Zeit der ganze Handel abgeschlossen ist. Nicht so im Falle von Cross-Border-Leasing. Hier wird dieses Instrumentarium in dem Sinne mißbraucht, daß diese „Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung“ (priority notice) aufgrund eines jährlichen Gesuchs immer neu angemerkt wird. Im Fall von Sellrain-Silz soll dieser Zirkus bis 2095 so weiter gehen.
Priority Notice Decrees in the Land Register Silz
„Das ist etwas vom Unanständigsten, was ich bisher erlebt habe.” (LH Herwig van Staa)
Für die Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz wurden dreizehn Gebirgsbäche aus dem Ötztal, dem Stubai und dem Sellrain abgeleitet: Horlachbach, Nederbach, Alpeinerbach, Horntalbach, Lisenserbach, Fernaubach, Schöntalbach, Schefalmbach, Moarlerbach, Kraspesbach, Stockachbach, Klammbach und Mittertalbach. Wie sieht es mit den Wasserrechten aus?
Da ist Tirol ja heikel. Der Landeshauptmann sagt: „Wir werden in Tirol alles unternehmen, um die Verfügungsgewalt über unser Wasser in Tiroler und die Wasserversorgung der Bevölkerung in Öffentlicher Hand zu behalten.(…) Wir werden uns mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln dafür einsetzen, daß kein Ausverkauf unseres Tiroler Wassers stattfindet. (…) Wir haben die Verpflichtung gegenüber den in unserem Land lebenden Menschen und gegenüber den nachkommenden Generationen, auf die Reinhaltung des Wassers zu achten und unser Wasser in Tiroler Hand zu behalten.“ (Echo, März 2003) Unser Wasser, bläst sich auch der Vorstandsvorsitzende der TIWAG, der Herr Dings, vor ein paar Tagen vor der Fernsehkamera mächtig auf, müsse in Tiroler Hand bleiben „und die landfremden Gesellen vor der Türe“ (ORF 2, 6.3.2005).
Die Wasserrechte an den oben genannten dreizehn Gebirgsbächen hat sich die TIWAG ja seinerzeit gesichert. Sie sind im Wasserbuch in Imst auf die TIWAG eingetragen und „realrechtlich“ mit dem Grundstück, auf dem herunten das Kraftwerk steht, verbunden. Daher sind sämtliche Wasserrechte zusammen mit der Kraftwerksgruppe Sellrain-Silz an die US-Trusts mitverscherbelt worden.
Um die teure Eintragung ins Grundbuch (im Falle von Sellrain Silz seinerzeit ca. 180 Millionen Schilling!) zu umgehen, den Trusts aber doch die dinglichen Rechte an der Werksgruppe zu sichern, wurde eine atemberaubende Konstruktion gewählt. „Die Herausforderung war, eine Lösung zu finden, mit der einerseits die Eintragung vermieden werden kann, die aber andererseits auch konkurssicher ist“, sagt Mittendorfer in Asset Finance International, dem amerikanischen Fachmagazin der Leasingbranche (March 2003). „Die Lösung war, die Absicherung gegen Konkurs auf die beweglichen Vermögenswerte abzustützen, da bewegliche Güter nicht öffentlich registriert zu werden brauchen.“ Der Autor des Artikels führt das dann näher aus: „Im Falle eines Wasserkraft-Deals schließen diese beweglichen Güter die Turbinen und Generatoren ein, die von substantiellem Wert sind und physisch abgebaut werden könnten. Ohne diese wäre das gesamte Wasserkraftwerk für Dritte wertlos. Sie werden deshalb als „choking assets“ (Schlüssel-Güter) bezeichnet, da die mit ihnen verbundenen Rechte die Kontrolle über den gesamten geleasten Bestand ermöglichen.
Das österreichische Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet zwischen unbeweglichen und beweglichen Gütern und sieht dafür unterschiedliche Übertragungsformen vor. Rechte an realen oder unbeweglichen Gütern können nur durch Eintragung ins Grundbuch gesichert werden, während die Übertragung von beweglichen Gütern durch Erklärung oder Zeichen (z.B. durch die Anbringung von Plaketten) fixiert werden kann.“
Die TIWAG hat im Vertrag zugesichert, an der Anlage, „in guter und lesbarer Schrift, dauerhafte Plaketten anzubringen, jede in der Größe von ca. 15 mal 21 cm (DIN-A5) mit dem folgenden zweisprachigen Text in klar sichtbaren und lesbaren Buchstaben:
„Entire Hydropower Plant leased to/ gesamtes Kraftwerk vermietet an
PCIN HYDRO TRUST, PNI HYDRO TRUST,
JH HYDRO TRUST ONE and JH HYDRO TRUST TWO.“
Diese Plaketten müssen gemäß Vertrag an folgenden Örtlichkeiten angebracht werden:
Kühtai, Kraftwerks-Oberstufe (close to the generators)
Silz, Kraftwerk (close to the generators)
Finstertalspeicher (close to the valves)
Längentalspeicher (close to the valves)
Wurde den Medienvertretern beim lustigen Journalistenausflug mit dem lustigen TIWAG-Vorstand ins Kühtai nicht gezeigt: die „Plakette" (hier ein Taferl aus einem anderen verleasten TIWAG-Kraftwerk)
16.3.2005
-> weiter zu Seite 7: Ein Vertrag zum Brechen
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