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Die Tiroler Schützen und ihre Lebenslüge vom Verbot in der NS-Zeit

2013: Als durch nicht widerlegbare Dokumentationen auf dieser Seite die Umbenennungen der „Sepp Tanzer Landesmusikschule“ in Kramsach und der „Sepp-Tanzer-Straße“ in Wörgl unumgänglich werden, der „Standschützenmarsch“ auf den Index der Blaskapellen muss und sogar die Politik auf Trab gebracht werden kann (Amtsgutachten zur Rolle der „Volkskultur“ in der NS-Zeit, Fonds für „Erinnerungskultur“), als die Einschläge immer näher kommen, scheint das auch die Tiroler Schützen aus dem Tritt zu bringen oder zumindest deren Landesleitung.
In die Enge getrieben, sozusagen mit dem Schützenrock an der Wand, kündigt sie an, ihre unheilvolle Geschichte – wie sagt man so schön, wenn man sie nicht aufarbeiten will? - aufarbeiten zu lassen.

In einem Online-Artikel von ORF Tirol („Das Schützenwesen blickt in Tirol auf eine jahrhundertelange Tradition zurück. Während des Zweiten Weltkriegs wurden alle Vereinigungen von Adolf Hitler verboten.“) vor mehr als vier Jahren wird „ein Buch über das Tiroler Schützenwesen in der NS-Zeit“ für 2015 angekündigt. Das war genau so wenig ernst gemeint wie die Aussage des Landeskommandanten Fritz Tiefenthaler mir gegenüber im August 2013: „Wir rechnen mit einem Zeitraum von 3 Jahren bis zur Vorstellung des Buches.“
2016, als die Publikation dann vorliegen sollte, teilt mir Tiefenthaler mit: „Es muss wohl davon ausgegangen werden, dass noch mindestens zwei weitere Jahre veranschlagt werden müssen, bevor ein wissenschaftlich gültiges Ergebnis vorgelegt werden kann.“
Jetzt, 2017, mehr als viereinhalb Jahre später, wird noch ärger herumgemosert. Es sei alles so schwierig, es sei nichts zu finden, es gebe keine Unterlagen; ja, es werde daher gar nicht möglich sein, ein Buch herauszubringen, es werde eher und auch nur vielleicht und erst irgendwann einmal für einen Aufsatz zum Thema reichen.

Kurz: Man will nicht. Da käme zu viel heraus.


Der Mythos

Die Schützen waren in der NS-Zeit so wenig im Widerstand wie sie es heute sind. Mehr noch: Sie waren ein stabilisierender Faktor des Hitler-Regimes. Sie sind mitgetrottet so wie sie immer schon mitgetrottet sind, schon unter der absolutistischen Herrschaft des Kaiserhauses und in den Jahren der austrofaschistischen Diktatur.
Die Schützen wurden auch nie entnazifiziert.

Sie haben einfach die Wahrheit auf den Kopf gestellt, aus ihrer wirklichen Geschichte eine Lüge und aus einer Lüge ihre Geschichte gemacht. So lange bis sie es selber glauben: „Die Schützen waren in der Nazizeit in Tirol verboten.“ Von diesem Mythos leben sie. Eine „Aufarbeitung“ würde ihn zertrümmern, zu feinem Staub zermalen.


Die Geschichtsfälscher


„Der Tiroler, der in den Schützenverbänden steht, der durch seine überlieferte Tracht die Verbundenheit mit der ewigen Geschlechterfolge seines Blutes bekundet, darf die Ueberzeugung haben, dem Werke des Führers und damit Großdeutschland in bester Weise zu dienen.“


Franz Hofer, NSDAP-Gauleiter und Landeshauptmann
(Innsbrucker Nachrichten, 15.9.1938)



„In den Kriegsjahren 1938 – 1945 untersagte Adolf Hitler jegliche Vereinstätigkeit und so durften auch die Schützen nicht mehr ausrücken.“

Schützenkompanie Zaunhof (Chronik, Stand August 2017)




Innsbruck, 1938



„Nach der Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich im Jahre 1938 wurden u.a. auch die Tiroler Schützenkompanien verboten.“

Schützenkompanie Serfaus (Chronik, Stand August 2017)




Innsbruck, 1939



„Mit dem sogenannten „Anschluss" an Nazi-Deutschland war es bis zum Ende des 2. Weltkrieges und darüber hinaus bis zum Ende der französischen Besatzung vorbei mit dem Schützen.“

Schützenkompanie Fügen-Fügenberg (Chronik, Stand August 2017)




Brenner, 1940


„In Nordtirol wurde das Schützenwesen, durch den Einmarsch Adolf Hitlers, am 12. März 1938 verboten (im Untergrund aber teilweise weitergeführt).“

Schützenkompanie Nauders (Chronik, Stand August 2017)




Innsbruck, 1941


„Bei uns im nördlichen Teil Tirols wurde das Schützenwesen unter der nationalsozialistischen Herrschaft verboten.“

Straubschützenkompanie Hall (Chronik, Stand August 2017)




Kreisappell Imst, 1942


„Nach dem Einmarsch Hitler-Deuschlands werden auch die Nordtiroler Schützen verboten und das Tragen von Fahnen, Waffen oder Tracht unter strenge Strafen gestellt. Viele der historischen Fahnen und Trachten werden vernichtet, Schützenkompanien bestehen auch hier im Untergrund weiter.“

Aschbacher Schützenkompanie, Achenkirch (Chronik, Stand August 2017)






Innsbruck, 1943


„Im bei Österreich verbliebenen Teil Tirols wurde das Schützenwesen unter den Nationalsozialisten verboten.“

Schützenkompanie Matrei am Brenner (Chronik, Stand August 2017)







Innsbruck, 1944


„1938 nach dem Einmarsch deutscher Truppen und der Machtübernahme der Nationalsozialisten, wurden die Schützen in Tirol verboten, dass tragen von Tracht und Fahne unter Strafe gestellt. Die Schützen mussten wiederum im Untergrund weiterarbeiten. Beherzten Schützen gelang es jedoch einige Fahnen zu retten, und sie vor den Nazischergen in Sicherheit zu bringen.“

Feller Schützenkompanie St. Johann in Tirol (Chronik, Stand August 2017)



10.8.2017


Hier kann über die offenbar unausrottbare Lebenslüge der Schützen diskutiert werden: Forum


Reaktionen:

Tiroler Schützen arbeiten Nazivergangenheit auf (Standard)

Der Schleier der Schützen (Salto)

Mit Hakenkreuz gegen Faschistenbeil (Salto)



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