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Wer hat diesen Text verbrochen?

Geschlagene zweieinhalb Jahre, nachdem die Verantwortlichen hier recht direkt zum Handeln aufgefordert worden sind, haben sie vor drei Tagen an ihrer Hütte ein entsprechendes Täfelchen, nein, ein nicht entsprechendes Täfelchen anbringen lassen. Wie patschert! Wie peinlich! Und letztlich: Wie selbstgefällig!





An diesem Text im Eingangsbereich des Landhauses ist so vieles falsch wie an der Politik drinnen. Insofern, aber halt nur insofern, ist er dann doch sehr stimmig.

Das Land Tirol hat nicht irgendwie aus heiterem Himmel beschlossen, sondern die ÖVP-Alleinregierung mit den Grünen, die sich mit dem Label „Land Tirol“ schmückt, musste – 80 Jahre nach Errichtung des Gauhauses! – erst dazu geprügelt werden, sich der Vorgeschichte ihres Verwaltungsgebäudes zu stellen. Und das Land Tirol hat diese auch nicht aufgearbeitet, sondern von einer Historikerkommission aufarbeiten lassen*.
Wenn man nicht weiß, was man sagen will, und nicht sagen will, was man sagen sollte, kommt ein heilloses Geschwurbel heraus. Da sollte man sich nicht hinter den Architekten verstecken. Es geht doch nicht vorrangig um das Planungsbüro, sondern um den seinerzeitigen Auftraggeber und Bauherrn. Das Landhaus, wie es seit 1939 dasteht, ist ein Nazi-Bau. Ein grässlicher Nazi-Bau nach dem Vorbild der Neuen Reichskanzlei Adolf Hitlers in Berlin:





Das „Gebäude“ in Innsbruck „diente“ auch nicht „als Zentrale der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ (diese war in Berlin angesiedelt), sondern war insbesondere Amtssitz des damaligen Landeshauptmannes. Ob es der, der heute dort sitzt, wahrhaben will oder nicht.

Nach dieser Erstnutzung wäre es nicht unpassend gewesen, statt „nach dem Zweiten Weltkrieg“ die Formulierung „nach der Befreiung“ zu wählen, auch angesichts des Denkmals gegenüber, und vielleicht die Franzosen daher auch nicht plump als „Besatzungsmacht“ abzutun.




Ein Aushängeschild der besonderen Art am Eingang ins Landhaus (vormals Gauhaus) – bezeichnend für den Umgang mit der Geschichte und das Selbstverständnis der politisch Verantwortlichen

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Wer falsch denkt, schreibt falsch

Wer diesen Text (v)erbrochen hat, hat nicht nur im Fach politische Bildung zu oft gefehlt, sondern hat ganz offenbar auch den Deutschunterricht mehrfach geschwänzt. Wenn etwas unecht ist, nicht aus Überzeugung geschieht, dann graschtelt’s unweigerlich auch bei den Formulierungen:
„Im Bewusstsein um die Verantwortung“ geht nicht. Entweder: „im Bewusstsein der Verantwortung“ oder: „im Wissen um die Verantwortung“.
Und: „… die Geschichte historisch aufarbeiten“? Na, wie denn sonst?
Die untere Hälfte des Textes besteht aus einem Satz, der nur ein Relativsatz ist und dem der Hauptsatz fehlt. Er schließt nicht ab, man glaubt beim Lesen und noch beim Wiederlesen, sich verlesen zu haben.

Sich verlesen zu haben, glaubt man erst recht bei den drei Schlusszeilen. Steht das wirklich so da? Das meine ich mit Selbstgefälligkeit. Die regierende ÖVP missbraucht die hervorragende Arbeit der Historikerkommssion schamlos, um sich selbst zu belobigen, die Inbesitznahme des „Gebäudes“ durch sie als Arbeit „zum Wohle der Menschen“ darzustellen.
Sie hat damit die Gedenktafel zu einer Werbetafel in eigener Sache umfunktioniert.

„Regierung und Verwaltung“ steht da übrigens, das ist wie: Innsbruck und die Landeshauptstadt. Regierung ist Verwaltung, auch wenn sie sich mehr dünkt. So steht’s auch in der Tiroler Landesordnung. Und wenn man schon von „demokratisch legitimiert“ spricht, dann sind dies unmittelbar, das heißt, durch direkte Wahlen nur die politischen Parteien (die übrigens allesamt in diesem Bau auch ihre Klubräume haben, aber auf der Tafel nicht erwähnt sind).

Dieser Tafel mit diesem Text voller sprachlicher, historischer und politischer Patzer dürfte eher kein langes Leben beschieden sein.



*) Aus der Landtagssitzung vom 3.2.2021:

Labg. Markus Sint: Und um auch der Wahrheit die Ehre zu geben, wir haben schon auch als Tiroler Landtag diesen Anstoß von außen gebraucht. Letzten Endes war es auch oder war es vor allem Markus Wilhelm, der anlässlich von 80 Jahre Landhausneubau 2018 uns alle irgendwo auch daran erinnert hat: Wer hat dieses Haus eigentlich gebaut? Und vor allem wahrscheinlich noch spannender: Warum wurde es gebaut?

Labg. Gebi Mair: Ich möchte mich auch bedanken beim Initiator, muss man einmal ganz ehrlich einfach auch so sagen, wie das Sache ist, der Toni Mattle hat es ebenfalls schon erwähnt – initiiert hat diesen Bericht Markus Wilhelm und es ist schon auch ein besonderer Tag, wenn wir da doch mehrere Parteien in diesem Haus, wenn es uns gelingt, dass mehrere Parteien diese Leistung anerkennen können. (Abg. Mag. Abwerzger: Nein.) Ja, ob es einem gefällt oder nicht, das hat halt niemand anderer initiiert, ich finde das gut. Danke auch an den Initiator Markus Wilhelm dafür. Es war niemand anderer.



17.4.2021



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