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Umfragen manipulieren


Im „Tagebuch“ vom 23. Mai war es bereits angekündigt: „Die nächste Meinungsumfrage der ÖVP zum Thema Kraftwerksbau in Tirol ist gefälscht!“ (mehr…).
Weil van Staa nicht nur die ehrlichen Antworten der Menschen auf seine Politik mit Recht fürchtet, sondern schon ihre ehrliche Befragung, hat er sich beim wirklich nur sogenannten Innsbrucker Meinungsforschungsinstitut IMAD ein Wunschergebnis bestellt, das ihm sein Freund Christian Traweger, ehemaliger Assistentenkollege am Statistikinstitut, prompt geliefert hat.
Wir nehmen hier nur die eine einzige Frage zum Thema „Wasserkraft“ heraus. Der Auftrag an IMAD war, die Öffentlichkeit glauben zu machen, drei Viertel der Tiroler Bevölkerung würden van Staas „Kraftwerksoffensive“ unterstützen. Zu diesem Ergebnis kommt man natürlich nicht mit der Frage „Sollen weitere Tiroler Hochtäler mit ihren Gletscherbächen für den Bau neuer Großkraftwerke geopfert werden? - Ja oder Nein?“, sondern nur mit der von IMAD ausgetüftelten:
„Der Tiroler Landeshauptmann und die Landesregierung erklären, dass ein Ausbau der Tiroler Wasserkraft notwendig ist, weil man dadurch den Wirtschaftsstandort Tirol sichern kann, nicht vom Ausland abhängig sein möchte, die TIWAG im Eigentum Tirols bleiben soll und um günstigen und sauberen Strom zu erzeugen. Stimmen Sie aus diesem Blickwinkel den (!) Ausbau der Wasserkraft völlig zu, überwiegend zu oder gar nicht zu?“

Wunschgemäß posaunte die Tiroler Tageszeitung, der ÖVP-Hauptgeschäftsführer Josef Lettenbichler offenbar das IMAD-Machwerk exklusiv zugesteckt hatte, den aufgelegten Unsinn groß hinaus: „Insgesamt 75 Prozent sind ‚völlig’ bzw. ‚überwiegend’ für den Ausbau der Wasserkraft in Tirol.“ (13.6.2005)
Die „Frage“ war nicht nur deswegen so ausführlich, damit genug Gehirnwäsche für die Befragten hineingepackt werden kann, sondern damit auch ja keine Zeitung auf die Idee kommen kann, sie in ihrer gesamten Länge wiederzugeben.
Weil IMAD die zusammen mit der ÖVP entwickelte, höchst manipulative Fragestellung immer noch zu riskant erschien, wurden zwei Möglichkeiten für ein Ja (stimme „völlig“ zu und stimme „überwiegend“ zu) und nur eine für ein Nein (stimme „gar nicht“ zu) angeboten.
Nordkorea grüßt Nordtirol! Dieser Meinungsterror van Staas würde auch jedem anderen Diktator gut anstehen. Wer so einen Betrug an den von ihm Regierten nötig hat, so eine Beschwindelung der eigenen Bevölkerung, der muß sie verdammt nötig haben.
Lieselotte Stalzer, Präsidentin des Verbandes der Marktforscher Österreichs (VMÖ) bezeichnet dieses falsche Spiel von IMAD als „Stimmungsmache“. So etwas habe sie „noch nie gehört“. „So geht es nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, wie man als Meinungsforscher zu so einer Fragestellung freiwillig kommt.“ Das sei „sicher nicht seriös“, sondern ein klarer Fall von „Push Polling“, sagt Stalzer, also das Streuen von Argumenten, Gerüchten, Unwahrheiten unter dem Deckmantel von Umfragen. Es ist dies nach dem Ehrenkodex der Meinungsforscher streng verpönt. „Push Polling“, heißt es dort, „ist in einigen Ländern zu einem Werkzeug der Politik geworden. Push Polls nützen absichtlich voreingenommene Fragestellungen oder Samples. Einige versuchen, falsche Umfrageergebnisse zu produzieren, um besondere Interessen zu unterstützen. Andere versuchen durch voreingenommene Fragen jene, die sie interviewen, zu überzeugen, einen besonderen Standpunkt einzunehmen. In beiden Fällen ist die Umfrage ein absichtlicher Versuch, die öffentliche Meinung zu manipulieren.“

PS. Dr. Christian Traweger, Jahrhang 1958, hat bei den Gemeinderatswahlen 1994 auf der Liste „Für Innsbruck – DDr. Herwig van Staa“ kandidiert.


Ergebnis der IMAD-Umfrage zum Thema „Wasserkraft“ als pdf downloaden (2 Seiten, 68 kb)

Push Polling II

Die TIWAG ist, was viele nicht wissen, Mitglied der Vereinigung Österreichischer Industrieller (VÖI), Landesgruppe Tirol. Sie überweist pro Beschäftigten automatisch einen festen Promillesatz der Lohnsumme als Mitgliedsbeitrag an die VÖI. Das macht bei 1200 Arbeitern und Angestellten und drei hochdotierten Bossen oben drauf aufs Jahr gerechnet einen schönen Batzen aus. Dafür sitzt ja auch immer wieder ein TIWAG-Vertreter im Vorstand der VÖI und gibt’s breite mediale Unterstützung der VÖI für die TIWAG (wie zuletzt eine skurrile TT-Beilage der VÖI für den Kraftwerksbau). Umgekehrt bezahlt dafür die Industrie in Tirol nach Angaben des Eigentümervertreters der TIWAG Herwig van Staa die niedrigsten Strompreise Europas. Wofür wiederum die VÖI sich dieser Tage mit einer gerissenen Umfrage zum Thema Kraftwerksbau bei der TIWAG bedankt.
Täter war in diesem Fall das Linzer market-Institut, das sich in der Eigenwerbung für „exakte Methodenanwendung“ lobt. Keine Frage, jene Methode, die genau das Umfrageergebnis liefert, das bestellt wurde, ist exakt zur Anwendung gekommen. Wie die Push Poller aus Innsbruck (siehe oben) haben auch die Linzer in der Fragestellung als erstes einmal Autoritäten aufmarschieren lassen, die auf ein zur Unterwürfigkeit erzogenes Volk immer gehörigen Eindruck machen: „Experten sind der Meinung, daß man …“ Gefragt wird sodann wohlweislich nicht, ob die Tiroler Bevölkerung für den Bau neuer Kraftwerke ist, ja oder nein, und schon gar nicht, ob sie für den Bau von Megakraftwerken für den Export ist. Nein, da wären ja nur vielleicht 34 Prozent herausgekommen. Und verlangt worden war von der Industriellenvereinigung eine deutliche Mehrheit. Es mußte also eine böse Alternative zum ungeliebten Kraftwerksbau erfunden werden, die noch einmal ein Viertel der Befragten in die Arme der Demoskopen treibt. Daher wurde in der Giftküche des Meinungsforschungslaboratoriums market der folgende todsichere Cocktail angerührt:
„Eine Frage zum Thema Strom: Experten sind der Meinung, daß man einen künftigen Strommangel vor allem durch zwei Merkmale verhindern kann: Einerseits durch den Bau neuer Kraftwerke, andererseits durch mehr Zukauf von Strom. Wenn Sie an die Situation in Tirol denken: Was wäre aus Ihrer Sicht besser geeignet, um die Vorsorgesicherheit zu garantieren? Der Bau neuer Kraftwerke in Österreich oder der Zukauf von mehr Strom aus dem Ausland?"
Herausgekommen ist dann laut ORF Tirol: „Tiroler sind für neue Kraftwerke“ (6.7.05) und laut Tiroler Tageszeitung: „59% für Kraftwerke“ (7.7.05).
Man hätte ja auch gleich fragen können: Lieber reich und glücklich oder arm und krank?

5.7.2005

Teil 3: ORF erpressen



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