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Verlautbarungsjournalismus [27.09.2010] Tiroler Tageszeitung, 22.9.2010 mit Warn-Etikett Obiger Artikel ist ein kleines Musterbeispiel dafür, wie Journalismus in Tirol funktioniert oder eben nicht funktioniert. Gerade in Bezug auf die TIWAG erschöpft sich die Berichterstattung vieler Medien, insbesondere der Tiroler Tageszeitung und des ORF Tirol, auf die Wiedergabe von Presseaussendungen, die aber – und das ist das (be)trügerische daran - als recherchierte Artikel daherkommen. „Trotz Auflösung eines Cross-Border-Geschäfts für einen Teil des Stromnetzes wurde der 2003 erzielte Vorteil der Tiwag nicht geschmälert.“ Das ist einfach nachgeplappert oder, besser, da Enten ja eher quaken: nachgequakt. Das kann der Redakteur gar nicht wissen. Es ist reinste TIWAG-Propaganda, die er aus der Presseaussendung in seinen Artikel 1:1 hineinkopiert hat. Und es stimmt natürlich auch nicht. Wenn völlig ungeprüft Phantasiezahlen des Unternehmens übernommen werden, ist das Medium, hier die TT, auch verantwortlich für die Lügen, die sie damit in die Welt hinausträgt. Hier nur drei Beispiele dafür: „Aus dem Steuervorteil erhielt die Tiwag einen Barwertvorteil von rund 202 Mio. Euro.“ Wenn schon, und auch diese Zahl kann man der TIWAG glauben oder nicht, waren es 202 Millionen US-Dollar, das sind heute ca. 150 Millionen Euro. Sämtliche CBL-Deals der TIWAG sind in den USA (Gerichtsstand New York) abgeschlossen, immer auf Dollar-Basis, und laufen selbstverständlich auch bis 2095 bzw. 2099 in US-Dollar. Die TIWAG wollte 2003 ihr gesamtes Stromnetz an ausländische Investoren verschachern (1,2 Milliarden US-Dollar). Realisiert werden konnte dann „nur“ mehr die Vercrossborderung des Niederspannungsnetzes an die Banken Citigroup (TIWAG Grid Trust 2003-A) und CIBC (TIWAG Grid Trust 2003-B) für einen Gesamtpreis von 375 Millionen Dollar. Vermutlich war es die Citigroup, die jetzt ihren Anteil am Deal auflösen wollte, um die darin auf Jahrzehnte gebundenen Gelder wieder flüssig zu machen. Sie ist ja selbst (bereits vor der sogenannten Finanzkrise) schwer ins Trudeln gekommen (hier) und hatte sich auch schon das massive Downrating des Versicherers ihres Deals, der AIG, von der TIWAG 2009 teuer in bar ablösen lassen. Diese Pönale muss in die Endabrechnung ebenso einbezogen werden wie die vielen anderen angelaufenen Kosten bis herab zu den obszönen Konsulentenhonoraren von an die 20.000 Euro monatlich für den CBL-Controller Hermann Meysel. Stattdessen liest man in der TIWAG-Aussendung, will sagen in der TT: „Der für diesen Vertrag erhaltene Barwertvorteil von rund acht Millionen Euro konnte erhalten werden. ‚Denn die seit 2003 dadurch ersparten Zinsen, wenn wir das Geld aufnehmen hätten müssen, haben alle entstandenen Kosten für die Bewirtschaftung des Vertrags und die Auflösung abgedeckt‘, fügt Wallnöfer hinzu. „Zinsen, wenn wir das Geld hätten aufnehmen müssen“: Was ist denn das für eine Voodoo-Betriebswirtschaftslehre? Wenn ich 2003 10.000 Euro aufgeliehen hätte, betrügen die Zinsen dafür jetzt ca. 4.131 Euro. Hab ich mir diese 4.131 Euro jetzt erspart, weil ich die 10.000 Euro nicht aufgeliehen habe? Und was kann ich mir mit diesen 4.131 Euro jetzt kaufen? Kein Nachhaken der TT bei Wallnöfer, nicht die geringste Relativierung des Gesagten, keine Gegenrecherche, kein gar nix. Wahr ist, dass die TIWAG seinerzeit mit dem sehr vorläufigen Erlös aus den CBL-Deals zu einem eklatant überhöhten – politischen! – Preis in die marode IKB eingestiegen ist, um die marode Stadt Innsbruck zu sanieren, in eine IKB, die dafür auf kriminelle Weise gutachterlich überbewertet worden ist und auch heute nicht an den Wert herankommt, den sie in ihren Büchern stehen hat. (Der von Herwig van Staa und Ferdinand Eberle damals gedrehte Coup ist ohne jeden Zweifel der bei weitem größte, niemals aufgedeckte TIWAG-Skandal aller Zeiten.) „Für die Absicherung der Depots von zwei CBL-Banken muss die Tiwag jährlich rund vier Millionen aufwenden. ‚Aber diese Summe liegt unter den erzielten Zinsen für den Barwertvorteil‘, argumentiert Wallnöfer. Die Sicherheitsleistungen für die Cross-Border-Geschäfte betragen rund 270 Mio. Euro.“ „Zinsen für den Barwertvorteil“, der in der IKB versenkt worden ist? Wie bitte? Wallnöfer bekommt Zinsen für Geld, das er nie von der Bank geliehen hat (siehe oben) und Zinsen für Geld, das er nie auf die Bank gebracht, sondern ausgegeben hat! Da kniet sich die TT kritiklos nieder vor so einem Rechengenie. Und schreit auch noch laut die Propagandalüge der TIWAG hinaus, sie habe bisher „erst“ 270 Millionen Euro (immerhin bereits ca. 350 Millionen Dollar bei einem Barwertvorteil von 202 Millionen Dollar) in diese Deals nachschießen müssen. Die Wahrheit sieht anders aus. 27.9.2010 PS. Genau heute vor sechs Jahren, am Montag, 27. September 2004, ist diese Homepage online gegangen. |
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